Eine Zeitreise in die Schweizer Automobilgeschichte - Alfa Forum Schweiz
Alfa Forum Schweiz  

Zurück   Alfa Forum Schweiz > Smalltalk / News > The Lounge
Benutzername
Kennwort
Hilfe Benutzerliste Kalender Suchen Heutige Beiträge Alle Foren als gelesen markieren

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen Ansicht
  #1  
Alt 18.01.2007, 14:28
Benutzerbild von iwan
iwan iwan ist offline
Moderator
 
Registriert seit: 25.06.2002
Beiträge: 2.947
Standard Eine Zeitreise in die Schweizer Automobilgeschichte

» Die Schweiz hatte eine boomende Autoindustrie erst ihr Niedergang ermöglichte den Erfolg des Autosalons

von michael lütscher / Sonntagszeitung



«Die Besucher waren überwältigt: All das wurde bei uns gemacht? Das sind unsere Wundermaschinen, eleganten Fahrzeuge, glänzenden Busse und kräftigen Lastwagen, von unseren Arbeitern produziert?», so berichtete die Zeitung «LAuto-Sport» 1905 über den ersten Genfer Autosalon.

«National» war der Salon damals noch, national, weil er ausschliesslich die grosse schweizerische Autoproduktion präsentierte.

13 000 Besucher kamen, viel mehr, als es im Land Autobesitzer gab. «Die Sportsfreunde waren entzückt, und alle anderen liessen sich von der feinen und gleichzeitig starken Mechanik verführen. Jeder spürte das Erwachen des schlummernden Automobilisten in seiner Brust», berichtete «LAuto-Sport» weiter.

Noch im gleichen Jahr muss es in den Brustkästen der Sportsfreunde zu Explosionen gekommen sein. Am 13. November 1905 raste der Genfer Frédéric Dufaux mit dem 8-Zylinder-Rennauto, das er mit seinem Bruder Charles gebaut hatte, innert 23 Sekunden über einen Kilometer staubiger Landstrasse bei Arles in Südfrankreich. 156,5 Stundenkilometer schnell! Weltrekord!

Autos zu bauen, war zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Trendindustrie; innert weniger Jahre entstanden in der Schweiz mehr als zwei Dutzend Automanufakturen, darunter Turicum in Uster ZH, Berna in Bern und Olten, Pic-Pic und Sigma in Genf, Arbenz und Fischer in Zürich. Die Textilmaschinenfabrik Saurer in Arbon TG diversifizierte in Autos, ebenso die Gewehrfabrik Martini in St-Blaise NE und Frauenfeld TG. Erfindergeist manifestierte sich: Die Zürcher Firma Tribelhorn baute ab 1902 Elektrofahrzeuge, C.I.E.M. in Genf konstruierte 1905 einen Hybridmotor.

1910 verkehrten in der Schweiz total 2276 Automobile

1910, als die erste schweizweite Autostatistik erstellt wurde, waren 36 Prozent der eingelösten Autos Swiss made.

In absoluten Zahlen ausgedrückt, waren das natürlich nicht sehr viele. 1910 verkehrten in der Schweiz total 2276 Autos. Autofahren war ein exklusives, teures Vergnügen. Und es war ein urbanes Phänomen. Auf dem Lande und vor allem in den Bergen wurde das Autofahren angefeindet und teilweise verboten . «Das Auto war eindeutig ein Stadtprodukt», sagt der Historiker Christoph Maria Merki, der die Frühgeschichte des Automobilismus erforscht hat. Das Auto war eine Mode, importiert aus Paris; Frankreich war vor dem Ersten Weltkrieg Autoland Nummer eins der Welt. Genf bildete das Einfallstor; hier lebten schon damals viele kaufkräftige Ausländer. 1910 trugen fast zwei Drittel der in der Schweiz immatrikulierten Autos eine Genfer Nummer.

Wer sich diese Vehikel heute anschaut, kann die Begeisterung von damals schwer verstehen. Die frühen Autos waren nichts als motorisierte Kutschen.

Das Popp-Auto, 1898 in Basel gebaut und heute im Verkehrshaus Luzern zu bestaunen, ist ein Kutscherbock auf vier grossen Speichenrädern plus Motörchen. Das Ajax-Taxi, ein paar Jahre jünger, zeugt von der frühautomobilen Klassengesellschaft. Der Chauffeur sass im Durchzug, die Fahrgäste in einer Kabine. Dach und Türen schützten vor Regen, Staub und Wind.

Dieses Design verrät nicht nur die sozialen Verhältnisse im damaligen Autoverkehr, sondern auch seine Herkunft. Die Karosserien fertigten damals Kutschenbauer vor allem aus Holz.

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges im August 1914 endete die Belle Epoque und mit ihr der erste Boom des Autobaus. Für die Schweizer Autokonstrukteure war das vorläufig kein Problem, nun konnten sie für die Armee produzieren. Und nach dem Krieg durfte die Schweizer Automobilindustrie nochmals ein kleines Hoch erleben: 1918 war ihr Rekord-Export-Jahr; 1923 wird der Autosalon, der schon 1908 nach Streitigkeiten in der Branche eingeschlafen war, wieder belebt. Zum letzten Mal trägt er das Attribut «national». 1924 heisst er «international» es gibt erstens nicht mehr genügend heimische Marken auszustellen, und zweitens haben die Veranstalter gemerkt, dass in der Internationalität ein Vorteil im Wettbewerb mit den Salons der grossen Autonationen liegt.

In den USA, weit weg, hat Henry Ford schon vor dem Ersten Weltkrieg die Fliessbandproduktion eingeführt und sein Modell T massenhaft zu produzieren begonnen. 1919 rollt auch in Europa das erste Auto vom Band, ein Citroën. Die Produktionskosten sinken, die Schweizer Manufakturen können preislich nicht mehr mithalten, lamentieren über die Käuferschaft, die die billige Massenware aus dem Ausland helvetischer Qualitätsarbeit vorzieht, und stellen die Produktion ein. Pic-Pic, der schweizerische Rolls-Royce, gibt 1924 auf, Saurer, Berna und FBW konzentrieren sich auf den Lastwagenbau und überleben noch lange.

Martini versucht sich ab 1926 im Lizenzbau eines deutschen Modells. 1934, es herrscht Weltwirtschaftskrise, ist auch dieser Versuch zu Ende. Martinis 3500 Personenwagen, über 35 Jahre hinweg gebaut, sind bis heute gültiger Schweizer Rekord.

1934 aber ist ein Jubeljahr für den Autosalon. In Genf stellen mehr Marken aus als an den Salons von London, Brüssel und New York. Ford und Chrysler zeigen in Genf Weltpremieren. Die Neutralität zahlt sich aus.

Der Niedergang der Schweizer Autoindustrie indes hat die Politiker, mitten in der Krise, nicht kalt gelassen. Der Bundesrat erhöht die Zölle auf importierten Autos und gewährt gleichzeitig Zollvergünstigungen für die Einfuhr von Autoteilen. In Biel stellt die Stadt auf eigene Kosten eine Fabrik auf, nach Plänen von General Motors. 1936 beginnt der amerikanische Multi hier Personenwagen zu montieren. Erst 1975, nach dem Efta-Beitritt der Schweiz und dem Ende der entsprechenden Zollgeschenke, läuft das letzte, das 329 864. Auto vom Bieler Band, ein Opel Rekord.

Ab Mitte Dreissigerjahre werden auch Chrysler-Autos in der Schweiz zusammengebaut, zuerst von Saurer in Arbon TG, ab 1949 (und bis 1972) von der Amag in Schinznach AG.

Letztes Jahr besuchte ein Zehntel der Schweizer Bevölkerung den Salon

Nach dem Zweiten Weltkrieg erwacht der Erfindergeist der Schweizer Autofans nochmals, es wirkt der Reiz, das Massenpublikum zu erobern. Rapid, der Hersteller von Motormähern für die Bauern, entwickelt 1946 einen Kleinwagen für Städter. Es bleibt beim Prototyp, genauso beim Belcar, einem dreirädrigen, eiförmigen Cabrio aus Wollerau SZ.

Der Genfer Pharmazeut Pierre de Toledo erfindet 1954 eine Kunststoffkarosserie, und der Hotelier und Garagist Emil Enzmann aus Schüpfheim LU konstruiert 1957 aus demselben Stoff ein offenes Sportwägelchen. Das Dach ist so niedrig, dass man es abnehmen muss, um einsteigen zu können.

Betuchte Kunden lassen sich in den Nachkriegsjahren von verschiedenen Carrossiers Autos nach Wunsch bauen. Meister wie Herrmann Graber in Wichtrach BE und andere verkleiden Chassis und Motoren von Porsche, BMW, Lancia, Alvis, Peugeot oder Jaguar mit selbst entworfenen Blechkleidern. Hier wird der Sonderfall gelebt: Die Kunden wünschen diskrete Farben wie Grau oder Feldgrau und für Cabriolets sauber schliessende Faltdächer, für die insbesondere die Carrosserie Worblaufen berühmt ist. Gebaut werden die Karosserien wie einst: Auf ein Gerüst aus Eschenholz werden Bleche montiert. Als Ende der Fünfzigerjahre die selbsttragende Karosserie in der Industrie Standard wird, geben die meisten Carrossiers auf.

In den Sechzigerjahren verwirklicht in Basel ein ehemaliger Rennfahrer, nun erfolgreicher Garagist, seine Vorstellung des perfekten Autos: Peter Monteverdi. Seine Luxus-Sportwagen (mit Chrysler-Motoren) schaffen es als Bubenträume in die Quartette und bereiten Monteverdi in Genf glanzvolle Premieren, ehe ihn der Ölschock in den Siebzigern in die Knie zwingt.

An Visionen und Forscherdrang hat es Schweizer Autospezialisten seither nicht gefehlt Publikumserfolge aber blieben dem Genfer Autosalon vorbehalten: Jahr für Jahr der Anlass für Weltpremieren der Autowelt und neuer Besucherrekorde. 730 000 Menschen besuchten den Salon letztes Jahr, ein Zehntel der Schweizer Bevölkerung. 1947: In Biel werden in Lizenz Wagen von General Motors zusammengebaut Fotos: Photopress-archiv/keystone (3), Bieler tagblatt 1912: Ein Pic-Pic während eines Rennens in der Waadt 1936: Der erste in Biel montierte Buick 1970: Der Monteverdi Hai 450 SS als Zuschauermagnet
__________________
Aus dem All betrachtet, ist die Erde weiss und blau. Das kann kein Zufall sein
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 18.01.2007, 18:39
Benutzerbild von Chris 75
Chris 75 Chris 75 ist offline
Freak
 
Registriert seit: 14.01.2004
Beiträge: 1.628
Standard

Super Bericht Iwan Wäre sicherlich noch Interessant zu sehen wieviele Automobolhersteller es in der Schweiz wirklich gab, die meisten Leute wissen das nämlich gar nicht

gruss Chris
__________________
Hubraum ist durch nichts zu ersetzen!!!!
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 18.01.2007, 18:55
Benutzerbild von Alfa164 Super 24V
Alfa164 Super 24V Alfa164 Super 24V ist offline
Alfa Forum Inventar
 
Registriert seit: 14.06.2004
Beiträge: 2.381
Standard

Hallo zusammen

Frage:
Gibt es heut zu Tage noch einen Automobil Hersteller ausser
SBARRO oder ZAKSPEED in der Schweiz ??

Gruss
Lui
__________________
"[...] Lo SPIRITO Alfa è affogato nella merda di Mirafiori "
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 18.01.2007, 18:55
Benutzerbild von iwan
iwan iwan ist offline
Moderator
 
Registriert seit: 25.06.2002
Beiträge: 2.947
Standard

Du willst es wissen? kein Thema, hier die Liste aller Schweizer Automobil-
hersteller (ohne Karrosseriebauer, das waren mindestens nochmals soviele)

Acabion
AGEA
Ajax
Albar
Belcar
Berna
Bernath
Cegga
Cheetah
Cree
Dietrich
Dufaux
Enzmann
Felber
Filipinetti
Has
Horag
Leblanc
Martini
Monteverdi
Obwaller
Orca
Oswald
Pic Pic
Popp
Rapid
Sbarro
Soletta
Stella
Thorndahl & Co
Tribelhorn
Turicum
TWIKE
Weber

gruss
iwan
__________________
Aus dem All betrachtet, ist die Erde weiss und blau. Das kann kein Zufall sein
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 18.01.2007, 19:02
Benutzerbild von Alfa164 Super 24V
Alfa164 Super 24V Alfa164 Super 24V ist offline
Alfa Forum Inventar
 
Registriert seit: 14.06.2004
Beiträge: 2.381
Standard



WOW !!! Soviele !!!

Danke Iwan

Gruss
Lui
__________________
"[...] Lo SPIRITO Alfa è affogato nella merda di Mirafiori "
Mit Zitat antworten
Antwort


Themen-Optionen Thema durchsuchen
Thema durchsuchen:

Erweiterte Suche
Ansicht

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge anzufügen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

vB Code ist An.
Smileys sind An.
[IMG] Code ist An.
HTML-Code ist Aus.
Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 11:34 Uhr.


Powered by vBulletin Version 3.5.3 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.
Das Alfa Forum Schweiz ist das Gemeinschaftsforum von alfisti.ch, Quadrifoglio.ch, alfaromeo-classic.com und der Squadra Sportiva Classica