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Alt 10.01.2007, 20:38
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Die Wahrheit über den Feinstaub

Das Wort «Feinstaub» ist mit ähnlich viel Emotionen beladen wie in den 80er-Jahren das «Waldsterben», bestens geeignet, uns ein schlechtes Gewissen einzuimpfen und uns empfänglich für rigorose Restriktionen zu machen. Zeit, das Thema rein sachlich anzugehen.

Oben schön, unten Nebel: Inversionslagen sind typisch für den Winter und führen zu erhöhten Feinstaubkonzentrationen.

Feinstaub besteht aus den in der Umgebungsluft schwebenden Partikeln mit Durchmessern bis maximal 10 Mikrometer, in der Fachliteratur bezeichnet als PM 10. 10 Mikrometer (Kurzzeichen: 10 µm) entsprechen einem hundertstel Millimeter).
Während eingeatmete, grössere Staubteilchen in der Nase ausgefiltert werden, können PM-10-Partikel in die tieferen Atemwege, via Lunge unter Umständen in den Blutkreislauf gelangen. Atemluft mit hohem PM-10-Gehalt ist darum nicht nur unangenehm, sondern gefährdet auch die Gesundheit.

Die Verursacher
Erst in jüngerer Vergangenheit wurde es möglich, mit Hilfe moderner Messapparate zu zahlenmässigen Angaben über die Zusammensetzung des Feinstaubs, die dafür verantwortlichen Quellen sowie seine Konzentration zu gelangen. Die nachstehend reproduzierten Zahlen wurden der Bafu-Broschüre «Feinstaub macht krank» entnommen, veröffentlicht 2005 unter Code DIV-5012-D (Bafu = Bundesamt für Umwelt, früher Buwal).
Sie beziffert das Gesamtgewicht des im Jahr 2000 in der Schweiz emittierten Feinstaubs auf rund 21000 Tonnen und orientiert in zwei Grafiken über die Herkunft und die einzelnen Quellen des Feinstaubs.
Grafik 1 besagt, dass 37% der Gesamtmenge aus der Land- und Forstwirtschaft stammen, 29% aus dem Verkehr (Strasse wie auch Schiene), 27% aus Industrie und Gewerbe, schliesslich 7% aus den Haushalten.
Gemäss Grafik 2 gehen erstaunlicherweise volle 56% des Gesamtausstosses auf das Konto der Emissionskategorie «Nichtverbrennung»: Im Strassenverkehr der Abrieb von Pneus, Strassenbelägen und Radbremsen, im Schienenverkehr derjenige der Radpaarungen Radkranz-Schiene und der zugehörigen Bremsen; dazu kommen die Emissionen von Steinbrüchen, Kieswerken, von der Vielzahl verschiedener Baustellen sowie der nicht verbrennungsbedingte Ausstoss aus Industrie und Haushalten.
Für einen Anteil von 17% sind die Emissionen der «Dieselmotoren» verantwortlich, während 10% aus der Sammelkategorie «Übrige aus Verbrennung» stammen. Die Emissionen aus «Holzbrennstoffe» haben einen Anteil von 8%, diejenigen aus «offene Verbrennung, Forstabfälle» 7%.
Der Anteil der «Benzinmotoren» wird mit 1% beziffert, derjenige aus «Heizöl und Erdgas» mit kleiner als 1 %.

Erste Schlussfolgerungen
1. Der Feinstaubausstoss der Benzinmotoren spielt für die Atemluftbelastung eine völlig untergeordnete Rolle – selbst wenn man diese Emissionsquelle gänzlich eliminieren könnte, würde sich an der Gesamtbelastung nichts Wesentliches ändern!
2. Im Gegensatz zu dem durch die Beurteilung des Buwal weitgehend «aus der Feinstaub-Verantwortung entlassenen» Benzinmotor ist der Gewichtsanteil von 17% aller Dieselmotor-Emissionen für die registrierte Gesamtbelastung von grosser Bedeutung, nicht zuletzt, weil der in Dieselabgasen enthaltene Dieselruss von der medizinischen Wissenschaft als besonders gefährlich betrachtet wird; die World Health Organisation (WHO) stuft ihn sogar als kanzerogen ein, d.h. als potenziellen Krebserreger.
Die Buwal-Broschüre enthält deshalb eine weitere Grafik, welche die individuellen Erzeuger von Dieselabgasen identifiziert, betitelt mit «Herkunft der Dieselruss-Emissionen (gemäss Buwal-Broschüre insgesamt zirka 3500 Tonnen) im Jahr 2005».

35% entstehen in der Land- und Forstwirtschaft
21% werden produziert von Baumaschinen (anzunehmen: zuzüglich Erdbewegungsmaschinen)
12% entfallen* auf schwere Nutzfahrzeuge
11% entfallen* auf Personenwagen
9% entfallen* auf Lieferwagen
5% stammen aus der Industrie
3% entfallen auf Linienbusse
4% werden dem «Rest» zugeschrieben
Der Anteil der Strasse
Aus den oben registrierten Angaben des Buwal geht hervor, dass die drei Strassenfahrzeug-Kategorien zusammen für 32% der Dieselrussproduktion verantwortlich sind, das heisst rein rechnerisch für zirka 1120 Tonnen.
Der Hauptgrund für die in ganz Europa zunehmende Verbreitung von Fahrzeugen mit Dieselmotor ist der im Vergleich zum Benzinmotor niedrigere Treibstoffverbrauch, der aus dem dieseltypisch höheren Verdichtungsverhältnis resultiert (aktuell zwischen 17:1 und 22:1).
Dieselruss entsteht als Resultat einer im Zylinder nicht ideal ablaufenden, unvollständigen Verbrennung. Seit es Dieselmotoren gibt, arbeiten deren Hersteller und die Zulieferer an der Perfektionierung des Verbrennungsvorgangs: höhere Einspritzdrücke, bereits in der Gegend von 2000 bar, elektronisch gesteuerte Einspritzdüsen für präzis getaktete Mehrfach-Einspritzung, verfeinerte Führung von Ansaugluft und Abgas sowie zahlreiche, für den Aussenstehenden kaum sichtbare Modifikationen haben den Russ- und Schadstoffgehalt selbst des noch unbehandelten Rohgases in einem noch vor wenigen Jahren kaum vorstellbaren Mass reduziert.

Wie der Partikelfilter funktioniert
Um den schärferen Vorschriften betreffend den Russgehalt der Abgase zu genügen, muss heute noch eine zusätzliche Reinigungsstufe in Form eines Partikelfilters in den Abgasstrang eingefügt werden.
Die wirkungsvollsten Partikelfilter, wie sie von einer wachsenden Zahl von Herstellern in ihre Neuwagen serienmässig eingebaut werden, bestehen aus einem mechanisch wirkenden Filter, der die ankommenden Feststoffe zurückhält wie ein extrem engmaschiges Sieb. Damit der Filter nicht allmählich verstopft wird, muss er periodisch regeneriert werden, was bei den fabrikseitig eingebauten Modellen durch elektronisch gesteuertes, periodisches Abbrennen erfolgt; solche Filter können 99% der im Rohabgas ankommenden Partikel ausfiltern. Je nach Bauart können sie ergänzt werden durch eine weitere Reinigungsstufe in Form eines katalytisch* oder durch Einspritzen von Kleinstmengen einer Chemikalie funktionierenden Apparates. In diesem Bereich sind die Arbeiten der Weiterentwicklung* in vollem Gang; es ist anzunehmen, dass das Problem Dieselruss in naher Zukunft als gelöst bezeichnet werden kann.
Weniger perfekt funktionieren jene Partikelfilter, die im Zuge einer (freiwilligen oder obligatorischen) Nachrüstung eingebaut werden; immerhin gestatten sie es, die in der unmittelbaren Zukunft vorgeschriebenen Grenzwerte zu respektieren.

Feinstaubbekämpfung im Schnellschussverfahren?
Wie erinnerlich, überschritten im Winter 2005/2006 die gemessenen Feinstaubkonzentrationen an verschiedenen Messstellen die durch die Luftreinhalteverordnung vorgeschriebenen Grenzwerte. Einige Kantone reagierten darauf mit der Anordnung von 80 km/h auf den Autobahnen. Selbst Bundesrat Leuenberger, den man in diesen Belangen ohne Zögern als «unverdächtigen Zeugen» bezeichnen darf, erklärte in aller Öffentlichkeit, diese Massnahme «bringe nichts», es handle sich um eine unwirksame Alibiübung. Inzwischen haben sich die für die Luftreinhalteverordnung in den Kantonen Zuständigen in einer Konferenz darauf geeinigt, diese Tempolimite wieder in Kraft zu setzen, sollte der geltende Grenzwert um den Faktor 2 überschritten werden, diesmal aber in der ganzen Schweiz!

Eine Autobahntempolimite von 80 km/h, gültig in der ganzen Schweiz, würde sämtliche Strassenfahrzeuge betreffen, einschliesslich der zahlenmässig deutlich dominierenden Personenwagen mit Benzinmotor, die, wie vorstehend dargelegt, für die Feinstaub-Luftbelastung überhaupt nicht von Bedeutung sind. Diese Vorschrift könnten Tausende von Autofahrern, darunter eine Mehrheit, welche ihr Fahrzeug aus beruflicher Notwendigkeit benutzt, nur als völlig unnötige, weil wirkungslose Schikane qualifizieren.
Zu den wichtigsten Zielsetzungen, die in der Schweiz mit dem Bau der Autobahnen verfolgt wurden, gehört das Bestreben, unsere Dörfer und Städte von einem Durchfahrverkehr zu entlasten, dessen Wachstum schon damals korrekt vorausgesagt wurde. Wenn nun auch Benzinmotor-Personenwagen auf den Autobahnen nur noch mit 80 km/h verkehren dürfen, entsteht die Versuchung, in bestmöglicher Ausnutzung dieses Tempos doch lieber auf die Kantonsstrassen auszuweichen – es gibt darunter recht viele, die schönere Aussicht auf das unmittelbare Umfeld bieten als manche Autobahn, und viele Fahrten von A nach B werden via Kantonsstrassen und Dorfdurchfahrten über kürzere Distanzen zum Ziel führen! Will man bei den «zuständigen» Behörden wirklich diese Rückführung der Autokolonnen (und des damit verbundenen Feinstaubausstosses!) in unsere Siedlungen?
Partikelfilter-Obligatorium für alle Dieselfahrzeuge:* Einverstanden, lieber heute als morgen, aber dann inklusive der vielen Landwirtschaftstraktoren, die zusammen mit den Fahrzeugen der Forstwirtschaft einen höheren Anteil des gesamten Dieselruss-Ausstosses verursachen als die Gesamtheit der Diesel-Strassenfahrzeuge.
Abschliessend sei noch einmal an die Feststellung unseres Bundespräsidenten 2006 erinnert: Will sich die Schweiz wirklich – ohne Not! – eine Verlangsamung der Verkehrsströme auf den Autobahnen gefallen lassen, von der man im Voraus weiss, dass die angeblich damit angestrebte Verbesserung der Feinstaubsituation keinesfalls realisiert werden kann?
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"[...] Lo SPIRITO Alfa è affogato nella merda di Mirafiori "
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